Home In Gießhübl 1945

Donnerstag, 5. April mittags, trafen die ersten russischen Truppen aus dem Wald von Weißenbach, Hinterbrühl, Wasserspreng in Gießhübl ein. Einige bahnten sich feuernd ihren Weg. Nahe der Post fuhr ein SS-Feldwebel, der seinen Vater von Gießhübel nach Wien führen wollte mit seinem Auto in die Perchtoldsdorferstraße; als er die anbrechenden Russen bemerkte, feuerte er aus seiner Maschinenpistole. Die Russen erwiderten das Feuer, der Feldwebel und sein Vater blieben tot am Platze. Auch im Hagenauertal kam es, als ein Russe eindringen wollte, zu einer Abwehr, wobei ein Gießhübler Einwohner getötet wurde. Die ersten Truppen zogen schließlich rasch weiter, auch ein Train folgte nach. Am 8. April kamen von Maria-Enzersdorf russische Truppen an, die jedenfalls aus den gegen Wien vormarschierenden Formationen stammten. Tagtäglich erfolgten neue Nachschübe, die sich schließlich im Orte einquartierten. Das Haus des Gremiums, die Gasthäuser und viele Privathäuser wurden belegt und Wohnungen beschlagnahmt. Im Gremium gab es eine Ausbildungskompanie, in Hochleiten eine Heeresentlassungsstelle und ein Brigadegericht. Requirierungen von Rindvieh, Schweinen, Geflügel häuften sich. Aus dem Gebiet Lichtenstein und von Maria-Enzersdorf herauf wurden zirka 100 Stück Rinder aufgetrieben, für deren Fütterung die Gießhübler Gründe sorgen mußten. Auch der Tirolerhof wurde geräumt und besetzt. Ein größerer Trupp zog gegen Breitenfurt ab. Zum Glück war kurz vorher eine SS-Abteilung, die sich vorübergehend hier aufhielt, gegen Kaltenlutgeben marschiert, so daß ein Gemetzel vermieden wurde. In der Umgebung wurde nun Lager errichtet, Artillerie und Granatwerfer fuhren auf, um sich zur Beschießung der Stadt Wien einzurichten. Von Seite des Maurerberges feuerte eine Flakbatterie, es gab hier mehrere Einschüsse (Friedhof), und auf der Siedlung Rosendornberg wurden fünf Holzhäuser in Brand geschossen. Im Perlhof postierte sich eine Granatwerfer-Kompanie mit zirka 30 Mann. Eine Autokolonne blieb nur kurze Zeit dort. Autos Pferde und Wagen wurden von Gießhübl weggeführt. In der Gemeinde waren zirka 600 bis 700 Russen einquartiert. Mit gut Glück blieb unsere Kirche und die Umgebung erhalten; wie verlautet, hatte die Flakbatterie von Maurerberg den Befehl, beim Einmarsch der Russen das Feuer mit dem Ziel auf unsere Kirche zu eröffnen, wodurch die Kirche und die Umgebung zerstört worden wäre. Dieses Vorhaben kam glücklicherweise nicht zur Ausführung. So blieb unsere Kirche und der mittlere Ortsteil erhalten. Im Herbst 1948 fand endlich die Besetzung von Gießhübl ein Ende. Die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln ging nun auch mit dem Einmarsch der Russen zu Ende, nirgends war Brot oder Mehl aufzutreiben. durch die Vermittlung eines Herrn, der mit den Brotfabriken in Verbindung stand, konnten der provisorischen Gemeindevertretung zirka 20 Säcke Mehl verschafft und in der Bäckerei zu Brot verarbeitet werden. Mit der Zeit wurde wieder Mehl zugewiesen, so daß die Versorgung der Bevölkerung halbwegs gesichert war.

(Zusammenstellung nach mehreren Quellen von Josef Mayerhofer, Hauptlehrer i.R., Vizebürgermeister)