Home Karltheater: "Geschichten aus dem Wienerwald
29. Juni bis 3. August 2006

Siehe auch - http://www.karl-theater.at/


Ein Brief an das Ensemble des Karl - Theaters anlässlich der Premiere am 29. Juli 2006


GESCHICHTEN AUS DEM WIENERWALD
von ÖDÖN VON HORVATH




"Andreas Berger", du bist mutig, du entwirfst Bühnenbilder, die erst erspielt, ja mit schauspielerischer Potenz erfüllt werden müssen. Andreas, dein Mut wird belohnt, du belebst alte Gemäuer, du spendest Bauwerken Seele, du spannst Fäden der Fantasie, der Kreativität durch die Landschaft, du bist verspielt, du spielst mit unseren Assoziationen, du führst, du verführst uns Zuschauer in die tiefen Ebenen der Betroffenheit, du zeichnest Bilder in die Gärten, Bilder der Liebe, der Leidenschaften, der Trauer, der Verzweiflung, der Hoffnung.



Andreas, du schenkst uns Zuschauern, uns Gästen, gemeinsam mit deinem hervorragenden Ensemble einen traumhaften Abend, einen Abend des Schauens, einen Abend des Staunens, einen Abend der Bewunderung, zum Nachdenken, zum ganz leisen, aber nur wirklich leisen Lächeln, zum Weinen, zum Reflektieren. Jede von dir ausgewählte Station ist punktgenau getroffen.

Andreas - Alfred, du leitest mit deinem ausdrucksvollem Spiel durch mannigfaltige Spielformen unsere Gefühle, deine Sprache ist einfach gut und passend. Du spielst den Hallodri Alfred, du lebst ihn. Man nimmt dir jedes Wort ab, man geht gerne mit dir durch die Hochschaubahn der Gefühle. Du lässt zu, dass wir uns über dein Verhalten empören, du verführst uns ins Schwärmen und Nachdenken gleich, bei deinem Spiel mit den Frauen. Das Trauern um die Vergangenheit, das Selbstmitleid, die Eigenverliebtheit spielst du überzeugendst im Dialog in der Kirche. Man möchte auch all zu gerne bei deinen Wetten dabei sein, so schmackhaft spielst du den Wettverrückten, auch allzu gern würde ich mit dir und Oskar "bankern".
Deine schauspielerische Leistung steigt auf die fantastische Höhe der Regie und Bühnenbildarbeit, einfach herrlich, einfach Berger."

"K. H. Stummer", dein Zauberkönig erschüttert und polarisiert. Schon im ersten Bild herrschst du, du beherrschst; ich nehme dir deine typisch wienerische Larmoyanz genauso ab wie dein Selbstmitleid und deine Frauenfeindlichkeit. Du vermittelst bürgerliche Doppelmoral, du proklamierst gekonnt das Patriarchat. Mir läuft der kalte Schauer über den Rücken, wie abfällig du über deine Frauen sprichst. Deine Puppenklinik lässt den Gedanken aufkommen, krank, krank in der Seele. Im 1. Bild erfüllt ihr Drei, Otto, Alfred und Du, den Raum mit eurem Spiel - im 1. Stock und zu ebener Erde der Gefühle. Am Ufer der schönen blauen Donau vermittelst du uns Sexismus pur, im Strandkorb mit Valerie. "Wenn das Geschmacklose zum Hüter des Geschmackes wird."
Du spielst den Patriarchen überzeugend, machst betroffen, das Selbstmitleid erreicht glaubhaft uns Zuschauer. Du spielst glaubhaft, mit vollem Einsatz und Engagement. Gratulation zu diesem gelungenen Auftritt!

"Liebe Marianne, liebe Katharina Weber", vom 1. Moment an steht dir das bevorstehende Unglück ins Gesicht geschrieben.
spielst die brave, gehorchende Tochter überzeugend. Deine Ausgeliefertheit zeigt sich in jeder kleinen Geste und Mimik.
Im 2. Bild an der Donau leiden wir mit dir mit, wie du an Oskar übergeben wirst. Dein Spiel lässt Traurigkeit an unsere Herzen heran. Im Dialog mit Alfred leuchtet Hoffnung in deinem Gesicht. Feinsinn, Lebensfreude, Liebe sind lesbar, erfühlbar. Marianne möchte singen als Symbol für das Kind in uns. Du vermittelst mit deinem Satz an Alfred - lass einen Menschen aus dir machen - so viel Sehnsucht nach Glück. Deine Liebe und Leidenschaft begegnen Alfreds Angst und Feigheit.

Deine schauspielerische Aura erfüllt das riesige Kirchenschiff, in deinem Gesicht können wir lesen wie in einem Buch. Uns erscheint die gefühlvolle, verzweifelte Mutter; die geschlagene nicht verstandene Frau. Ergreifend, erschütternd, wie du die Enttäuschung und Verzweiflung vermitteln kannst. Jedes deiner Worte passt, deine Sprachkultur ist hervorragend, dein ganzer Körper lebt die Rolle.
Du bewegst meine Gedanken: "Die Sündige ist allen überlegen mit ihrer Mutterliebe. Die einzige mit Moral macht sich Vorwürfe, wird in die Knie gezwungen." Den Dialog mit Gott werden wir lange nicht vergessen, fulminant!

Im Maxim bist du noch immer liebende Tochter, dein Ruf "PAPA" als Symbol der Sehnsucht nach Liebe und Anerkennung.
Mit deiner Spielkunst draußen in der Wachau trägst du die Hoffnung in dieses morbide Haus, die dann umschlägt in Verzweiflung und Zusammenbruch. Da ist nichts überzeichnet, Echtheit, perfekte Mimik und Gestik; freudige Erwartung mündet in Starrheit und Zusammenbruch. Wir hoffen mit dir, wir trauern mit dir, ja es fließt sogar die eine oder andere Träne. Einfach erschütternd, bewundernswert zugleich. Ob liebend, leidend, erniedrigt, ob als Mutter, Tochter oder Geliebte - du begeisterst, überwältigst.

"Lieber Oskar, Peter Pikisch", du spielst schlicht, ohne Schnörkel, vermittelst Echtheit du überzeugst. Du spielst dich nicht in den Vordergrund, du stellst aber in all den Dialogen deinen Mann. Du eiferst in deiner Widerlichkeit dem Zauberkönig nach. Die Frage "was ist Liebe" beantwortest du in allen Phasen deines Spiels mit Besitz. Du sprichst von Liebe und meinst Macht: "Er beneidet mich um dich!" ist der verräterische Satz an der Donau.
Erschreckend gut bist du im 6.Bild, im Dialog mit Havlitschek, deine Indisposition zum Sauabstechen. Selbstmitleid trieft auf uns herab und wechselt sich mit Derbheit ab. Gefällig und überzeugend dein scheinbares Verstehen, deine melancholische Härte.
Klar und deutlich in der Sprache, lebensecht im Spiel, ein famoses Debüt.

"Valerie, Roswitha Ortar", vorerst einmal Hut ab vor dieser wunderbaren Leistung. Die Rolle ist dir auf den Leib geschrieben. Zu deinem Spiel fallen mir ein: von ausdrucksstark, variantenreich, enttäuscht, bis zu verführerisch, fordernd und anrüchig. Den Sager " Frauen müssen zusammenhalten" bringst du überzeugend über die Rampe.
Du bist der Derbheit der Männer gewachsen, du stellst im 2. Bild an der Donau " deine Frau". Du spielst geschmackvoll mit dem Sexismus der Männer. Du bist dem Jungspund Erich gewachsen. Mit Bewunderung beobachten wir, wie du Verführung, Enttäuschung darzustellen weißt. Du führst wie ein roter Faden durchs Stück; jede Modulation deiner Stimme, jeder Augenaufschlag, jede Handbewegung sitzt. Eine fantastische Leistung in einer tragenden Rolle.

"S.g. Herr Rittmeister, Erich Schmalz", Deine herrliche Sprechtechnik tut gut. Du setzt die Pointen gekonnt und verständlich. Bis 20 Schritt, bis 40 Trab und ab 60 Galopp klingt immer noch in meinen Ohren. Wir genießen jeden Auftritt von dir. Nach der Pause bringst du uns wieder schön ins Stück zurück.
Wie du da Erich zurechtweist, rittmeisterlich!
Vor allem im Maxim ragst du mit gepflegter Moral hervor und lässt uns Zuschauern dein schauspielerisches Potential spüren. In den bedeutungsvollen Satz " Sie sind kein Mensch" vermagst du sehr viel Herz hineinzulegen.

"Erich, Matthias Hauschka", eine brave Leistung, sicher in den Dialogen. Du spielst den unreifen Jüngling, der die politische Wende in sich trägt, mit Engagement und recht gekonnt.

"Lieber Herr Karl Rittler, Havlitschek", du bist authentisch, deine Sprache stimmig, jede Bewegung überzeugt. Eine Meisterleistung deine Dialoge mit Oskar, wie aus dem Leben gegriffen. Beängstigend wie überzeugend du im " scharwenzeln" mit Emma Frauenfeindlichkeit mitschwingen lässt.
Von der Kleidung, bis zur Sprache, Esskultur, Mimik und Gestik, du bist ein Super-Havlitschek!
Lieber Havlitschek, Leopold Szirota, du bist die ideale Alternative in dieser Rolle. Du stehst mitten im Leben, du sprichst deutlich, man spürt deine Freude am Spiel, du füllst die Rolle aus, du machst Gusto, du stehst mitten im Publikum, gelungen, gelungen.

" Sehr geehrte gnädige Frau, Franziska Wasinger", Ihre Distinguiertheit beim Einkauf ist herrlich anzusehen; diese Sprache, diese Feinheit im Ausdruck.
Ich bewundere Ihre Ausstrahlung in der Straßenszene. Gemeinsam mit Marianne umspannen Sie die Strasse.
"Beichtvater, Michael Hajdin", Das vorwurfsvolle Moralisieren dringt tief in unsere Herzen, ja schmerzt zutiefst. Voll überzeugend gibst du den strengen Diener Gottes, den Kirchenmann. Dein Spiel hat zutiefst ergriffen.

"Liebe Emma, liebe Sängerin, Monika Ottitsch", Dein Auftritt erfreut Aug und Ohr. Stimmig und schö
n die Sprache, prickelnd das Weib in dir.
Erfrischend das Lachen der Fröhlichkeit und Koketterie.
Ein großes Kompliment deiner vollen Stimme, die Arie im Maxim hätte ich gerne vollständig gehört.
"Lieber Heurigenmusiker, lieber Otto Rinder", Du scheinst in deinem Element zu sein! Bravo! Dein gekonntes Spiel, genauso wie dein witziges, spritziges Lokalaviso wird noch lange Zeit in uns nachklingen.

"Lieber Axl Brodl, Conferencier", Du bist sehr wandelbar, deine Musikalität ist uns bekannt, deine schöne klare Sprache ist ein Vergnügen. Du vermagst Witz, Selbstpersiflage zu vermitteln. Du verführst uns gekonnt in den "Himmel der Erinnerungen". Deine traurigen Augen funkeln bis in die letzten Reihen des Maxims. Du bist an diesem Abend das musikalische Gedächtniswunder - herrlich wie du uns den Zungenbrecher darbietest.
"Hallo Toni Wasinger, hallo Mister", Du bist der Freund aus Amerika, dein Gesang, dein Akzent, aber auch der Glauben, sich alles mit Geld erkaufen zu können, vermittelt "The american way of life". Und das Tanzen hast du auch nicht verlernt. Super!

"S.g. Großmutter, Elisabeth Müller", eine tiefe Verbeugung vor deiner Leistung. Da stimmt einfach alles, vom Gesichtsausdruck bis zur Sprache, vom Tun deiner Hände bis zum Gang, du bist einfach alt, vom Leben verbittert und des Lebens überdrüssig. Und du lässt uns den Tod spüren.
Emotion, Härte, Verbittertheit sind so stark zu spüren, dass es den Zuschauern schaudert.

Im Diktat des Briefes erscheint uns die Begegnung von jungem Leben und Tod in einer unwahrscheinlichen Brutalität durch deine tolle schauspielerische Leistung. Jede Facette deines Auftritts ein Zeugnis hoher Darstellungskunst. Fantastisch im Dialog mit deiner Tochter. Kompliment, Kompliment!
"Liebe Mutter, liebe Gabi Berger", was du gemeinsam mit deiner Mutter auf der Bühne lebst und erlebst, ist berührend, rührt, erschüttert, macht ohnmächtig, so wie du es bist. Du führst punktgenau den Dialog, du überzeugst uns. Einfach ein großartiges Spiel!
"Jou-Jou, Lo-Lo, Margot", Euch sei Dank für eure glamouröse Bewirtung und eure erfrischenden Tanzeinlagen, die kurzfristig einen Hauch von Unbeschwertheit zuließen. Sehr gekonnt!

"Oliver Müller - Geigenspieler", dir ein höchstes Kompliment für dein schönes Spiel.
Liebe Sylvia Kormann, liebe Tante, liebe Kinder Stefan und Markus Kormann. Die herzigen Kinder im zweiten Bild ziehen unsere Blicke auf sich. Ihr Spielen des Spiels passt perfekt. Höchster Dank den Erwachsenen für eure Motivationskraft. Für talentierten Nachwuchs habt ihr gesorgt. Ein großer Dank dir Zeitungsjungen, Maxi Kormann. Liebe Ida, Lisa Kormann -das Gratulationsgedicht hast du dem Anlass entsprechend dargeboten und gesprochen. Ein Kompliment an Klavierspieler und Gaukler, Andreas Kormann und Thomas Rittler, dem Schlagzeuger.
Ein ganz großer Star des Abends - der Hof zu Kabelka. Ein Ausflug in eine andere Welt, eine Welt der Vielfalt der Vergangenheit, der Tradition - und das am Gießhübl.

Danke für den wunderbaren Abend.

GR SR Wolfgang Riebniger